Balkan 2013

Immer wieder bärenstark: Rumänien 2013

Wir schleichen uns von vorne an...


Wir können es nicht lassen: unsere Ausflüge vom letzten Jahr haben Appetit auf mehr gemacht. Der Plan war, von dem Karpatenberg Tarcu (den man "Zarku" ausspricht - leider nimmt das Webseitenprogramm icht alle Sonderzeichen, was auch für nachfogende Eigennamen gilt) auf gleichbleibender Höhe von ca. 2000 müM eine dreitägige Bergtour 4x4 zu unternehmen.
Für diesen Plan konnten wir eine weitere Familie mit Hilux, Kanopi und Dachzelt gewinnen - ach, ich vergaß: auch mit Winde!
Und nach langem Basteln und Studieren sind wir mit einem Gemisch aus Landkarten, OSM und Touratech gestartet. Wieder mit dem treuen "Erich", dem lodengrünen 100er Land Cruiser, Dachzelt und zwei Wurfzelten, die die Kinder bei sicherer Lage benutzen können, und eine Woche vor unseren Freunden.
So zeitlich ungebunden reisen wir über den Felbertauern (notdürftig repariert) und Triest an die kroatische Küste, übernachten in Crikvenica und wollen eigentlich ein paar Tage an Meer bleiben. Aber was wir in all den Segelurlauben in Kroatien nie erleben durften (oder mussten), bereitete unserem Aufenthalt ein jähes Ende: die berüchtigte Bora. Dieser heiße Fallwind vom Velebit-Gebirge herab schießt tatsächlich wie durch Düsen der Bergeinschnitte gebündelt fast senkrecht aus Wasser herab und sorgt dafür, dass in der Hafenkneipe volle Glasflaschen durch die Gegend fliegen und dass das Meer wie leergefegt ist: gegen Mittag trauen sich dann zwei Fähren heraus, aber selbst zur Hauptreisezeit ist kein einziges Boot zu sehen, die Küstenstrasse ist gesperrt für Motorräder, Caravans und Busse, und das wird von der Polizei akribisch kontrolliert.

Aussichten aufs Archipel

Der Blick vom Velebit auf die Inseln
Der Blick vom Velebit auf die Inseln
Pekaria in Kroatien...lecker!
Pekaria in Kroatien...lecker!
Plitwitzer Seen
Plitwitzer Seen
im kroatischen Hafen
im kroatischen Hafen
das Sonntagsmahl...
das Sonntagsmahl...

Auf der Flucht vor der Bora


Also fahren wir direkt weiter, einen kleinen Pass auf das Velebitgebirge hinauf Richtung Plitwitzer Seen.
Das Panorama ist atemberaubend. Natürlich sieht man beim Segeln selbst von der entlegensten Insel das Gebirge liegen - der aufmerksame Navigator betrachtet es ständig, da man von dort die riskanten Wetterlagen kommen sieht (also die Bora). Doch wenn man dort oben steht, sieht man natürlich auch die Inseln, und es sieht aus, als hätte man Google Earth zu Füßen liegen.
Die Plitwitzer Seen besuchen wir nach einer Nacht in einem "Free Camp", und Morgenstund hat hier tatsächlich Gold im Mund, es ist Sonntag, und wir sind schon lange fertig, als der große Andrang die Kassen des Nationalparkes stürmt.

Kroatisches Hinterland

Von Sisak an die Sava


Weiter geht es - teils auf Sichtweite zur Grenze nach Bosnien-Herzegowina - nach Sisak an der Sava, wo wir im klassischen "Hotel Tourist"-Ambiente übernachten. Auf die Frage unseres Sohnes, warum ein kaputtes Glas herumliegt, bekommen wir die entschuldigende Auskunft in sympatischem k.u.k.-Deutsch: "Wir hatten eine Hochzeit am Wochenende. Das war eine sehr lustige Hochzeit, das Glas ist nicht das einzige." Und wir werden kulinarisch verwöhnt, essen prima und werden äußerst zuvorkommend behandelt. Im Gegensatz zur Küste sind wir hier "auf dem Kontinent", wie der Herr an der Rezeption fast entschuldigend erklärt. Über das Naturschutzgebiet an der Sava nähern wir uns der serbischen Grenze.

Durch Serbien...

Donauwellen


Der Grenzübertritt nach Serbien ist völlig problemlos. Nach einigen Korrekturen an der Politik gegenüber den anderen Europäern ist das Reisen dort offenbar nun völlig unbeschwert möglich: welch ein Gewinn! Es ist so schön an der Donau, das Essen ist prima, und auf die Frage nach einem Campingplatz bekommen wir zur Antwort: "Camping hier oder da oder wo Sie wollen!" Und so schlafen wir am Donauufer, angeln erfolglos und beobachten am nächsten Morgen aus dem Dachzelt eine riesige Würfelnatter bei der Froschjagd.

An der schönen blauen Donau

Portile Fier - das Eiserne Tor


An der Donau entlang geht es nun auf der serbischen Seite zum Eisernen Tor, wo wir über die Brücke nach Rumänien einreisen - ein wirklich zeitlich, geruchlich, bürokratisch und technologisches Abenteuer der Sonderklasse - Einreise kein Problem, aber Kauf der rumänischen Vignette... Staatsakt!

Auf der Spur des Herkules

klassische Fitness in Baile Herculane
klassische Fitness in Baile Herculane
Das eiserne Tor
Das eiserne Tor
kaiserliches Staatsbad
kaiserliches Staatsbad
... das klassisch grüßt
... das klassisch grüßt
Entspannung
Entspannung

Unterwegs zu unseren Freunden


In der Mittagszeit kommen wir in Baile Herculane an, einem alten ehrwürdigen k.u.k. Staatsbad. Doch wie der Name schon sagt, soll bereits Herkules in der Antike seine Wunden in diesem Schwefelwasser geheilt haben. Auf dieser Reise kommen wir zweimal hier vorbei, denn Baile Herculane ist der Einstieg in das wunderschöne Tal der Cerna, dem wir nach der Bergtour in Richtung Sibiu folgen werden.
Der Versuch, auch die Wunderkraft des Wassers zu testen, scheitert an den Menschenmengen, die in gemauerten Ponds im warmen Wasser liegen - die Heilkraft wird empfohlen bei Haut- und auch Geschlechtskrankheiten... brrrrrrrrr.....
Also beschließen wir, früher als geplant zu unseren Freunden am Fuße der Karpaten bei Caransebes aufzubrechen.
Die Tage bis zur Ankunft unserer Freunde vertreiben wir uns mit Essen und Trinken, "stochern" bei Nebel ein bisschen im Gelände herum, um den Einstieg in unser mehrtägiges Abenteuer vorzubereiten, und probieren das selbstgebraute Bier.

far, far the mountain peak....

Karpaten voraus!


Nach Eintreffen unserer Mitreisenden und ein bisschen "Warmfahren" starten wir. Über den Tarcu geht es drei Tage auf ca. 2000 M.ü.M dahin. Die Navigationsanweisung unserer rumänischen Freunde war einfach: "Immer oben auf dem Ridge fahren. Was runtergeht, ist verkehrt."
Schön und gut. Im großen und ganzen klappt das auch sehr prima, das Wetter spielt mit, die Einheimischen, die in dieser Bergwelt Heidelbeeren sammeln, sind freundlich und hilfsbereit, und nach dem etwas kniffligen Einstieg in die Strecke geht es quer durchs Panorama.

Immer auf der Kante bleiben!

Ursus ist nicht nur die heimische Biermarke


Die Übernachtungen gestalten sich alles in allem harmonisch, so weit das geht, wenn man mit Kindern reist....
Für die Bitte, den Müll abends ins Auto zu tun, und die Ablehnung von Zeltübernachtungen der Kinder werde ich zunächst etwas belächelt. Bis dann ein Bär des Nachts am Hilux erscheint, und genüßlich die Suppenspritzer vom Gaskocher schleckt.
Unruhige Stunden für die Reisegefährten, die im Dachzelt auf dem Hilux schlafen, große Enttäuschung bei uns: der starke Wind hat so laut am Dachzelt gewackelt, dass uns der der Besuch des Wappentieres entgangen ist.

Von Bären und anderen Überraschungen


Zufrieden und glücklich machen wir uns an den Abstieg. Das Wetter war uns hold - nun ist es nicht mehr so schön. Durch das Cernatal fahren wir Richtung Sibiu, wo wir in einem schönen Stadthotel ein echtes Kontrastprogramm genießen.

Durchs Cernatal

Siebenbürgen


In Siebenbürgen gibt es viel zu entdecken. Sibiu (Hermannstadt) kannten wir noch nicht und sind beeindruckt von der Schönheit der Stadt. Ich lerne aus Wikipedia, dass die Deutschen hier heute nur ca. 3 % der Bevölkerung stellen, im Stadtparlament jedoch die Partei der Deutschen die absolute Mehrheit hält...
Das bringt natürlich einiges mit sich: Europäische Kulturhauptstadt, Ansiedlung deutscher Industrie, ein in Deutschland anerkanntes Abitur, offenbarer Wohlstand im Vergleich zu anderen Regionen, Tourismus, 3G Händienetz, WLAN allerorten, Parkverbote allerorten und der ganze sonstige Segen des Abendlandes.

Aus den Bergen in die Stadt

Das Kinderheim in Arpasu del Sus

Aber wir hatten ja noch etwas anderes vor:
Da der Weg ohnehin über Hermannstadt führen sollte, und so lag es nahe, das Kinderheim zu besuchen, das ein Arbeitskollege mit seinen Geschwistern nahe seinem rumänischen Heimatort gegründet hat. Als wir unseren Plan unseren Mitreisenden berichteten, bot einer, der Zahnarzt ist, spontan an, die zahnärztliche Versorgung für die Heimkinder zu übernehmen. So kamen wir also ausgestattet mit mobilem Equipment und jeder Menge Schul- und Bastelsachen, Malfarben, Zirkel usw. in Arpasu del Sus an.
Die Kinder und die Heimleiter begrüßten uns aufs Herzlichste, und als besonderes Highlight bekamen wir von den Kindern auf ihren Gitarren und Mandolinen ein kleines Ständchen dargebracht. Für die Tochter unserer Freunde, die an diesem Tag ihren dritten Geburtstag feierte, durfte ein gesungener rumänischer Geburtstagsgruß natürlich auch nicht fehlen.
Unterstützt durch Übersetzung konnten wir unsere Mitbringsel überreichen und bei den Kindern nach den nötigen Behandlungen sehen. So konnte auch viel dazu beigetragen werden, die Erziehung zur Zahngesundheit bei den Heimkindern zu fördern.
Ehrlich gesagt wussten wir vorher nicht, was uns in dem Kinderheim erwarten wird. Umso überzeugter und positiver überrascht waren wir von der Einrichtung selbst, der Aufgeschlossenheit der Kinder und dem freundlichen und positiven Umgang aller Menschen, klein und groß, miteinander.
Das wenige, was wir über die Schicksale der verschiedenen Kinder erfahren haben, reichte aus, um uns die Tränen in die Augen zu treiben, und es macht deutlich, wie sehr Engagement und Hilfe von den Kindern gebraucht werden. Doch in diesem Fall gingen wir mit der tröstlichen Gewissheit, dass die Kinder dort sicherlich bessere Chancen erhalten, als manches Kind in einer ganz normalen Familie.

Mehr dazu: http://www.bruecke-zum-leben.de/

Vom Vampir zur Violine


Nach diesem Besuch steigen wir in die legedäre Transfagarasan ein, eine Gebirgsstrasse, die extra so angelegt wurde, dass sich hier Bergrennen veranstalten - und auch gut betrachten - lassen.
Mit Freunden treffen wir uns dort zu einem ziemlich wilden und harten Endurowettbewerb (wir fahren natürlich nicht mit, sondern schauen bloß zu), um dann über Bran, Brasov und Koruna Richtung Reghin zu fahren. Letzteres, auch Sächsisch Regen genannt, ist das rumänische Zentrum des Geigenbaus.

Mitbringsel...

Damit geht die Reiserichtung wieder gen Heimat. Zeit also, sich um geeignete Souvenirs zu bemühen. Hier ein paar Vorschläge:
ein Violoncello aus Reghin, unzählige bunte Schüsseln und Tassen aus Koruna, zwei Hunde von irgendwo, Schafwolldecken und bestickte Blusen aus Siebenbürgen, Paprikapaste aus Ungarn, Bunzlauer Porzellan aus Polen, Wurst und zwei Ledergürtel aus Görlitz - und damit wären wir wieder zu Hause!
Der Weg führt über Ungarn in die Slowakei, von Poprad nach Zakopane und dann über Liegnitz und Görlitz wieder heim.
Welch eine schöne Reise!

Souvenirs

Zufrieden und satt